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Auszug aus der Eröffnungsrede St. Ingbert

Die Arbeiten von Angelika Lill-Pirrung sind inspiriert von archaischen Mustern, von Spuren, die die Zeit Gegenständen eingeschrieben hat. Zeichen und Symbole der alten Kulturen beeinflussen einen Großteil sowohl der plastischen als auch der malerischen Arbeiten der Künstlerin. Wir können Fundstücke, Dinge des Alltags entdecken, die scheinbar – aber auch nur scheinbar – aus dem Blickfeld gerückt sind. Denn die Künstlerin entdeckt diese vom Leben bereits gezeichneten Elemente mit neugierigen, forschenden Augen neu und setzt sie in ein spannendes, temporales Wechselverhältnis: Elemente vergangener Tage sind in ein gegenwärtiges und in die Zukunft weisendes Formenspiel eingebunden. Es geht, so die Künstlerin, um „[d]as Suchen, Finden, Sammeln, Kombinieren und Transformieren […]. Auf verwittertem Holz, auf Schwemmhölzern, verrostetem Metall, alten Gebrauchsgegenständen entdecke ich Spuren, faszinierende Spuren des Gebrauchs, des Verfalls, Spuren der Zeit.“ Angelika Lill-Pirrungs Metamorphosen sind einfühlsame Zeitzeugen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und damit greifen sie ein wichtiges Thema von Kunst auf: die überzeitlichkeit. 
Neben den plastischen Werken finden wir auch in der Malerei Angelika Lill-Pirrungs Spuren – Spuren der Zeit und eines intuitiven Arbeitsprozesses. In der Serie „Kopflos“ beispielsweise wurden rostige Nägel in Form eines stark vereinfachten Körpers in eine schwarz getünchte Holzplatte geschlagen; die dabei abfallenden Rostpartikel hat die Künstlerin unbewusst mit den Fingern auf dem schwarzen Grund verwischt, letztlich aber als „Spur“ stehen lassen. Doch nicht nur das Nachspüren der Abnutzung und Verwandlung von Gegenständen bildet hier – wie im gesamten Werk der Künstlerin – das Zentrum, sondern auch die figürliche Gestalt. Zurückgeworfen auf eine vereinfachte Form, tritt der Korpus als frei im Bildraum schwebende oder sich aneinanderreihende Füllform, als von Nägeln umrissene und durch ein Netz aus weißen Fäden zusammengehaltene Form in Erscheinung.

 

Neben diesen farblich zurückhaltenden Werken entwirft die Künstlerin Arbeiten, die von glühend-pulsierenden, gesättigten Farben geprägt sind. Neben Papier, Pappe, Kupfer, rostigem Metall wurde auch Sand in die Collagen integriert, die damit eine raue Oberflächenstruktur erhalten und so das Spiel der Farbnuancen zusätzlich unterstrichen wird. In der Serie „Der Weg ist das Ziel“ strahlen uns zwei gelbe Kraftfelder entgegen, die Einkerbungen und Farbüberlagerungen aufweisen. Als Collagen schließen sie zudem neben den Papierelementen figürliche Tonfragmente in sich ein und verweisen damit auf die plastischen Arbeiten.

 

Verena Paul